Wir schreiben das Jahr 2000. Ganz Berlin ist besetzt von hektisch betriebsamen Menschen, die mit Anzug, Kostüm und Krawatte ausreichend staatstragend ausgestattet sind, um die Karriereleiter im Sturmschritt hinauf zu eilen. Ganz Berlin ist besetzt? Nein, in einem kleinen Dörfchen namens Kreuzberg leistet ein braves Häufchen von prototypisch prolligen Punks noch immer entschlossen Widerstand gegen den trügerischen Glamour-Schein der neuen Hauptstadt. Terrorgruppe nennt sich das unerschütterliche Grüppchen derer, die noch wissen, wie man nach vier vorgezählten Vierteln richtig aufs Gas tritt. Terrorgruppe. Das sind Gitarristen, die an ihr Instrument nur die eine Forderung stellen: Nicht schön, aber unbedingt laut, dreckig und verzerrt soll es sein. Das sind Sänger, die immer noch nicht verlernt haben, wie man seinen Lieblings-Feinden gehörig an den Sockel pinkelt. So werden auf dieser Platte alle neuen deutschen Härterocker für ihre latente Riefenstahl-Optik angeprangert ("Steiner III"). Die Anhänger von Bachblüten-Therapien samt angeschlossener Selbsterfahrungsgruppe bekommen im Reggae-Tune "Esoterik Lied" ihr selbstverständlich rein pflanzliches Fett ab. Und während ihn alljährlich mehr als eine Million Menschen für den (Sieges-)Säulen-Heiligen der Love Parade halten, findet die Terrorgruppe "Dr. Motte" schlichtweg zum Kotzen. Mit dieser Musik gewinnt man schon seit zwanzig Jahren keinerlei Blumentopf mehr in Sachen Innovation der popkulturellen Ausdrucksform. Doch für "ne Dreiviertelstunde Spaß sind die unerschütterlichen Punker aus dem globalen Dörfchen Kreuzberg, Berlin, immer gut. --Björn Döring