Das Songmaterial, uberwiegend Klassiker von Bob Dylan, ist unubertroffen. Baez' Stimme ist auf dem Zenith, jung, geschmeidig, weder undiszipliniert (wie auf ihren ersten Platten) noch gepragt durch ihr spateres, tiefes Vibratotrallern. Auf dieser LP findet sich nirgendwo die verlegene und dummliche Imitation von Dylans Stimme wie auf ihren spateren Aufnahmen - wo Dylan wundervoll roh und ungeschliffen klingt ist sie klar und pur. Beide sind verschieden, das ist gut so und wird durch diese einzigartigen Interpretationen wieder deutlich. "Any Day Now" ist einfach Joan Baez pur. "One Too Many Mornings" wird innerhalb von Dylans Kompositionen einfach zu oft ubersehen, und diese Aufnahme gehort zu den besten. Die ungekurzte, gelassene Interpretation von "Sad Eyed Lady Of The Lowland" ist fesselnd und uberzeugend. Das Highlight ist wahrscheinlich aber das subtile und ergreifende "Spanish Boots of Spanish Leather", Dylans Textgenie ist offenkundig und in seiner farbenprachtigen Melodie gibt Baez eine wundervolle Performance. Das Horen dieses makellosen Werks erinnert uns unvermeidlich daran, was in den Jahrzehnten seit der Ara der spaten 60er Jahre gealtert ist, auch so eindringlich ins Gedachtnis gerufen durch Dylans eigene Lebensgeschichte. Dies sind zeitgemabe Werke, sowohl fur eigene Reminisenzen als auch als Einfuhrung fur Neulinge, welche Erfahrungen auberhalb des Drogenkonsums fruhere Generationen bewegte. Aber unabhangig von jeglicher sozial-kultureller Bedeutung: dies ist einfach wundervolle Musik und Dichtkunst.