Tödliche Ehre
Es ist schon eine beachtliche Menge Stoff, die die beiden Autoren da angehen und auf rund 330 Seiten verarbeiten: Russische Mafia mit Autoschieberei und Korruption, Neonazis mit rassistischem Gedankengut und Gewalt, Polizei und Geheimdienste im In- und Ausland. Der Mord an Boris Beerenbaum, einem "jüdischen Funktionär in der deutschen Hauptstadt, das war nicht irgendein Gewaltverbrechen". Die Polizei, hilflos, den ganzen Roman über auffällig im Hintergrund. Dafür decken die Redakteurin einer Berliner Zeitung und ein israelischer Geheimagent kriminelle und ideologische Abgründe auf, natürlich nicht ohne eine gehörige Portion Liebesaffäre. Also: spannend allemal, ganz sicher liest man den Roman bis zur letzten Seite und ganz sicher gibt es bei aller brutalen Deutlichkeit keine Übertreibungen in Sachen ausländerfeindlicher Tendenzen und neonazistischer Gewalt. Dennoch: Unlogisch bleibt zum Beispiel die Tatsache, dass ausgerechnet ein Mossad-Agent sich einer noch relativ unerfahrenen Redakteurin anvertraut, aber dies ist wohl -- augenzwinkernd -- gerade noch unter legitimem Unterhaltungseffekt abzubuchen. Werner Sonne und Mort Ehudin sind ein erfahrenes Autorenduo, das sich aktueller politischer Themen annimmt, sei es der Kalte Krieg in Es war einmal in Deutschland oder arabische Terrorakte in Allahs Rache, stets mit ausgesprochen großem Erfolg. Werner Sonne, der grauhaarige, seriöse Berichterstatter und Korrespondent der ARD, früher in Bonn, Washington und Warschau, heute in Berlin und der Arzt und Bildhauer Ehudin. Und solange detaillierte Fakten, Hintergrundwissen und aktuelle gesellschaftliche und politische Tendenzen schriftstellerisch, mit aller Freiheit, von einem Duo mit flotter Schreibe so umgesetzt werden, nämlich in einen kurzweiligen und fesselnden Thriller, solange ist an dem Sprichwort, dass mehrere Köche den Brei verderben, sicherlich kein Fünkchen wahr. --Barbara Wegmann