Ich dachte an die goldenen Zeiten: Roman

EAN/UPC/ISBN Code 9783518410486


Bohumil Hrabal erzählt die Geschichte seiner Ehe. Das an sich ist schon ungewöhnlich genug. Nur, er schreibt aus der Sicht seiner Frau, Ich-Erzählerin ist Frau Hrabal. Das ist, literarisch gesehen, interessant. Kommt da nun Biografisches, Autobiografisches zustande? Will sich da einer listig aus der Verantwortung stehlen, ist ihm womöglich die Sicht auf sich selbst verstellt, oder schafft der Perspektivwechsel ein höheres Maß an Objektivität? Wie dem auch sei, die gute Eliška hat es nicht leicht mit diesem Kerl. Schon gleich zu Anfang hastet sie zum Verlag ihres Mannes, den längst überfälligen Vorabdruck seines neuen Buches abzuholen. Bohumil wartet derweil entnervt zu Hause, ein hilfloses Bündel, suizidal unentschlossen zwischen Prager Fenstersturz oder Wacholderschnapsvergiftung. Oder die Episode, in der ihr Gatte stark alkoholisiert auf dem Bahnsteig auftaucht, den Verlagsvorschuß in einem Einkaufsnetz voller Geldscheine schwenkend. Wie bemerkt die Dame im Abteil gegenüber so treffend: "Der Herr Gemahl ist ein lustiger Kerl, sie erleben wohl so allerlei mit ihm!" Kann man so sagen. Hrabal, 1914 in Brünn geborenes literarisches Urgestein, ehemaliger Stahlgießer und Kulissenschieber. Ab 1963 freier Schriftsteller, sein riesiges Werk erschienen bei Suhrkamp. Die Schilderung des Prager Frühlings ´68 und dessen Niederschlagung, die er zusammen mit Heinrich Böll erlebte, gerät ihm fast zur Burleske. Und immer wieder fließt der Wacholderschnaps, literweise. Dann der unvermeidliche Zusammenbruch. Lebervergiftung. Wie Hrabal dem Tod noch einmal von der Schippe springt, das gehört zu den eindringlichsten Kapiteln dieses Buches. Daß Eliška darüber nicht zerbrach, ist ein Wunder. Wehmut wird spürbar in ihrem/seinem Schlußwort: "Dieser Mann hielt mich all die Jahre auf Trab, daß ich darüber vergaß, ein Kind zu haben. Ich zuckte mit den Schultern. Was soll´s." Was für eine Liebe. Bohumil Hrabal verstarb im Jahre 1997. --Ravi Unger