Im Zauber der griechischen Landschaft.
Man kann sich vorstellen, dieses schmale Bändchen bei flirrender Hitze im Schatten eines Olivenbaumes zu lesen, in den kühlen Morgenstunden eines griechischen Sommertages darin zu blättern oder abends, bei einem Glas Wein, darin zu schmökern, während die Grillen ihr nächtliches Konzert einstimmen. Alternativ können sich auch all jene die intensiven Reise-Erzählungen des jungen Nikos Kazantzakis zu Gemüte führen, die an der unstillbaren Sehnsucht nach den Farben, Düften und Menschen Griechenlands leiden. Wo immer man von ihnen liest -- die elegischen Landschaftsbilder sind Balsam für die Seele. "Für einen Fremden aber kann die Reise nach Griechenland zum hinreißenden Rausch der Schönheit werden. Ruhig kann für ihn der Zauber der griechischen Erde und des griechischen Meeres emporquellen. Eine tiefe mediterrane Freude des Auges", schwärmt Kazantzakis, der sich nach bestandenem Jura-Examen in den 20er-Jahren aufmachte, seine Heimat besser kennen zu lernen. Seine ausgedehnte Reise führte ihn auf den heiligen Berg Athos, zum geheimnisvollen Orakel in Delphi, zu den Kultstätten in Mykene und auf die Ägäis-Inseln Lesbos, Mykonos und Santorin. Der romantisch und grüblerisch veranlagte spätere Bestsellerautor (Alexis Sorbas) vermag es, Gefühle und Stimmungen gänzlich ohne Kitsch in Worte zu fassen. Beglückt schreibt er von "paradiesischen, milden, von Gottes Barmherzigkeit gefüllten Morgen", beschreibt den sanften Gesang der Mönche "wie das Rauschen eines Baumes, das Seufzen des Meeres". Neben seiner Liebe zur Natur und einer tief empfundenen Religiosität lenkt Kazantzakis sein Augenmerk auf Begegnungen mit einfachen Leuten, Eremiten, Mönchen, und bisweilen auf Wundersames, wie blühende Mandelbäume mitten im Winter. Seine prosaische Ader wird in diesen frühen, leicht zu lesenden Texten mehr als offenbar -- und nimmt den Zauber, den Kazantzakis mit seinem Ur-Griechen Sorbas schuf, beinahe vorweg. Ein Muss für Freunde Griechenlands. --Martin Halm