The Creative Act
Preis 22.23 USD
Die Anweisungen hinter Erratum Musical von Marcel Duchamp sind verblüffend einfach. Jede Note auf einer Tastatur wird nur einmal gespielt, die Reihenfolge der Noten ist vom Zufall bestimmt und es gibt keine Anleitungen dafür, wie die Noten gespielt werden sollen. Der Scherz eines Dadaisten? Im Gegenteil, denn es ergibt sich eine komplexe Musik und eine schulbuchartige Grundlage für die Debatte über die Beziehung zwischen Klang und Emotion. In den ersten Minuten dieser Komposition wirkt jede Note wie der Punkt am Ende eines Satzes -- individuell und geradlinig. Dieser kargen Präsentation fehlt ein emotionaler Antrieb, so als ob der Pianist Stephane Ginsburgh hier als Tasten-Tester und nicht als Pianist auftritt. Erratum Musical entfaltet sich jedoch allmählich, die Dauer der Noten verlängert sich, ein vages Unbehagen macht sich breit. Es geht weiter mit subtilen Veränderungen des Tempos und der akustischen Eigenheiten. Tasten werden mit federleichtem Anschlag angeschlagen, die Noten werden zum Beben gebracht und bis zum äußersten Grad emotionaler und akustischer Aufnahmefähigkeit geführt -- bis alles wieder ganz boshaft vordergründig wird, wenn Ginsburgh mit offensichtlich selbstgefälliger Entschlossenheit auf die Tastatur einhämmert. Obwohl die unendlichen Möglichkeiten von Duchamps Erratum Musical auch im Chaos enden könnten, demonstriert Ginsburghs Interpretation eine sublime, organische Schönheit, wie man sie in der zufällig entstandenen Kristall-Struktur einer Schneeflocke entdecken kann. --Michael Woodring