Schiffbruch. Roman
Preis 14.00 USD
Es ist schon erstaunlich, wie wenig Worte Louis Begley benötigt, um seine Leser in eine Geschichte hineinzuziehen. "Ich stand rauchend in einer Bar, hatte ein leeres Glas vor mir und überlegte, ob ich noch etwas trinken oder gehen solle, da spürte ich eine Hand auf meiner Schulter", heißt es im Roman Schiffbruch des US-Schriftstellers. Damit ist alles da: das "Niemandsland" des "Entre Deux Mondes" in Paris, ein etwas melancholischer, zerrissener Icherzähler -- und ein Gesprächspartner, der in der Folge nichts anderes tun wird, als seine Geschichte zum Besten zu geben, "die ich noch nie erzählt habe. Wenn Sie mich ausreden lassen, werden Sie verstehen, warum". Der Leser jedenfalls hört dem Gegenüber des Erzählers gerne zu. Ein Gegenüber, das sich im Folgenden und nach mehreren Flaschen Whiskey immer mehr als Alter Ego des Barbesuchers (und auch als das von Begley?) entpuppt. John North ist dieser Mann, ein berühmter, preisgekrönter Schriftsteller und Drehbuchschreiber aus New York, mit erstaunlichen Französischkenntnissen. Was North zu erzählen hat, beginnt ebenfalls im Niemandsland, in einem Café, und -- natürlich -- mit einer Frau. Ein neues Buch hat North geschrieben; deshalb ist er nach Paris gekommen, um ein Interview zu geben. So begegnet er der Journalistin Léa, deren (körperlichem) Charme er gleich verfällt. Ausgerechnet er, der seiner Frau Lydia nie richtig untreu wurde, verstrickt sich in eine erotische Liaison, die geradewegs in Selbstzerstörung mündet. Noch etwas ist erstaunlich an Begley: wie es ihm gelingt, die Spannung in Schiffbruch, die er mit nur einem Satz aufgebaut hat, bis zum Schluss zu halten. So muss man das machen, denkt man als Leser, warum machen das nicht alle so? Wohl deshalb, weil dies nur einer vom Kaliber Begleys kann. --Thomas Köster