Visionen 2000

EAN/UPC/ISBN Code 9783765306112

Marke Wissenmedia

Was wird werden? Erstaunlich wenig ist davon in Medien und Alltag die Rede. Wir blenden aus. Zukunft kommt bei uns hauptsächlich in den Geschmacksrichtungen "finster" und "strahlend" vor. Was fehlt, ist ein ernsthaftes Ausloten des Künftigen, jenseits von bloßen Trends. Die Brockhaus-Redaktion hat das wohl gespürt und sich für den Ausweg entschieden, einfach möglichst viele Fachleute zu befragen. Die Quersumme, vom Leser gezogen, dürfte dann, so die Erwartung, schon so etwas wie ein Zukunftspanorama ergeben. Tatsächlich ist das weithin aufgegangen. Einhundert Leute haben jeweils genau vier Seiten lang Zeit und Platz zu sagen, was die Zukunft ihrer Meinung nach bringen wird. Die Beiträge zur Zukunft unseres politischen Systems (Hans Herbert von Arnim), zu Energieversorgung (Carl Jochen Winter), Astrophysik (Rudolf Kippenhahn), und dem stets wieder neu vorhergesagten (und nie eingetroffenen) Ende der Naturwissenschaften (Gerhard Vollmer) liest man mit Erschrecken, Staunen und -- immer wieder auch -- Vergnügen (letzteres gilt besonders für die Glosse des Titanic-Chefs Oliver Maria Schmitt); herausragend sind auch die Seiten von Matthias Horx über Technik der Zukunft, das Klonen und "Soziotechnik". Dass es daneben Banales und ("Das Tragbare wird auch 2025 das Tragbare sein", Jil Sander), tja, Untragbares gibt, versteht sich angesichts der Vielzahl der Beiträger von selbst. Kaufen? Auf jeden Fall. Zum Gleichlesen und für später. In zehn, zwanzig Jahren werden wir den Band aus dem Regal ziehen und uns festlesen: Den Kopf schütteln ob mancher Ahnungslosig- und mancher Hellsichtigkeit. Dann ist das Päckchen ausgepackt, dann ist sie da, die Zukunft. --Michael Winteroll Die Brockhaus-Redaktion hat mit Visionen 2000 einen reich ausgestatteten Geschenkband zum Jahrtausendwechsel vorgelegt. Auf jeweils vier Seiten ziehen einhundert Personen des öffentlichen Lebens ihr Resümee der Gegenwart und geben einen persönlichen Ausblick auf das 21. Jahrhundert. Die Auswahl der Autoren garantiert einen echten Querschnitt durch das öffentliche Bewußtsein. Die Bestandsaufnahme gibt deshalb folgerichtig Zeugnis von manchmal mehr, manchmal weniger visionärer Begabung. Den Auftakt macht der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog, der noch einmal seine Forderung wiederholt: "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen". Noch einmal dürfen wir auch nachlesen, warum Christo und Jeanne-Claude eigentlich alles einpacken wollen, und was Reinhold Messner bei seinen "Grenzgängen" über den Sinn seines Daseins erfahren hat. Mit wissenschaftlicher Akribie analysiert der Chefredakteur der Fachzeitschrift Titanic Oliver Maria Schmitt Gegenwart und Zukunft des Humors und eröffnet seinen Beitrag mit einer guten Nachricht: "Um die Zukunft des Humors, des deutschen zumal, brauchen wir uns keine Sorgen zu machen". Um die Zukunft im Allgemeinen dagegen schon, doch auch dies nicht ohne Hoffnung. Dies zeigt der in seiner Kürze brillante Beitrag Ernst Ulrich von Weizsäckers, eine Quintessenz der gemeinsam mit Amory B. und L. Hunter Lovins vorgelegten Studie Faktor Vier. Mit wenigen, prägnanten Beispielen zeigt Weizsäcker die schon jetzt verfügbaren Möglichkeiten einer "Effizienzrevolution" und damit eines tatsächlich nachhaltigen Wirtschaftens auf. Mit 75 DM ist das Buch sicherlich nicht billig. Aber: Der hohe Preis wird sowohl durch die gediegene Ausstattung als auch dadurch gerechtfertigt, dass der Reinerlös aus dem Verkauf der Living Planet Campaign des World Wide Fund For Nature und damit einer Aktion zur Zukunftssicherung zugute kommt. Alles in allem: Visionen 2000 ist ein schönes Buch für einen guten Zweck, das man deshalb ruhig auch zweimal kaufen darf: Eines für sich und eines zum Verschenken. --Andreas Vierecke