Kuss
Preis 18.43 USD
Der Mann ist unrettbar nostalgisch. Nicht nur wegen seiner Rockabilly-Haartolle, den Anzügen im altmodischen Schnitt und den Krawatten von Anno dunnemals wirkt Götz Alsmann wie ein Überbleibsel aus einer untergegangenen Ära, nein, auch sein Musikgeschmack ist im Zeitalter von Techno und HipHop hoffnungslos anachronistisch. Und doch kann man dem aus der TV-Kultsendung "Zimmer frei" bekannten Münsteraner einfach nicht böse sein. Er lebt sein Faible für Trends von vorgestern so sympathisch aus, dass es auch bei der jüngsten Songsammlung Kuss einfach Spaß macht, ihm zu lauschen. Alsmann frönt da in fünfzehn Titeln aus grauer Vorzeit und zwei brandneuen Eigenkompositionen hemmungslos seinem Schlager-Spleen. Mit seiner bestens mitziehenden Begleitkapelle entstaubt der Westfale so manches Lied, zu dem sich zwischen den 40er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts unsere Großeltern amüsiert haben. Rosita Serranos schwelgerische Melodie "Roter Mohn" (aus dem gleichnamigen Rudolf-Prack-Film von 1956) befreit er ebenso von der Patina der Vergangenheit wie Charles Aznavours Oldie "Oh, Sarah", den Henri Salvador einst weltberühmt gemacht hat. Das auf ewig mit Marika Rökk verbundene "Für eine Nacht voller Seligkeit (aus dem Streifen "Kora Terry") peppt er im Shuffle-Schritt mächtig auf. "Das mach ich mit Musik" von Bibi Johns wird ganz behutsam als Rock "n" Roll wiederbelebt. "Geh"n Sie nicht allein nach Hause" (Original: Chris Howland) erklingt hier als französisch anmutendes Akkordeonstück. Und Greetje Kauffelds "Sonntags-Melodie" zuguterletzt, 1963 zuerst im Conny-Froboess-Kinoschlager "Ist Geraldine ein Engel?" zu hören, wird in einen beschwingten Bossa Nova verwandelt. Bei all dem ist nicht zu überhören, dass "Götzi" etwas von der Materie versteht. Schließlich hat er einst Musikwissenschaft studiert und sich damals profunde Kenntnisse angeeignet, er kennt sich bei den Liedern aus der Epoche des UFA-Kinofilms und der Zeit des Wirtschaftswunders in den Nachkriegsjahren wirklich aus. Dazu kommt, dass der Echo-Preisträger den Hörer stets an seinem eigenen Vergnügen an den alten Songperlen teilhaben lässt. Er trägt die Schätze aus dem Archiv mit soviel Witz und Charme vor, dass selbst aus Schlagerhassern (vorübergehend) Schlagerfans werden. -- Harald Kepler