Schauplätze der Weltkulturen - Ägypten und das Niltal [VHS]
Nachdem Napoleon Ende des 18. Jahrhunderts nach Ägypten gezogen war und Zeichenkünstler und Wissenschaftler in seinem Gefolge Bilder und Artefakte mit nach Hause gebracht hatten, begann in Europa eine Begeisterung für die ägyptische Kultur, die bis heute angehalten hat. Wie Schauplätze der Weltkulturen anhand alter Filmaufnahmen zeigt, trug sie manchmal skurrile Blüten: Ein Picknick am weiß gedeckten Tisch im Tempel von Karnak oder die Besteigung der Cheops-Pyramide durch eine deutsche Gruppe, die auf "dem Gipfel" die Flagge hisste. Die Ägyptomanie zeitigte jedoch auch schädliche Folgen: So machte man früher feuchte Abklatsche von Gräberreliefs, ohne sich darum zu kümmern, dass dadurch die bis dahin wunderbar erhaltenen Farben zerstört wurden. En vogue war es auch, Köpfe oder gar ganze Mumien zu erwerben. Aber schon im Altertum scheint es an Ehrfurcht vor den gewaltigen Bauwerken gemangelt zu haben, denn man benutzte sie gerne als Steinbruch. Die weißen Kalksteinplatten, die einst die Außenseite der Pyramiden verkleideten, wurden schließlich im Mittelalter zum Bau der Stadt Kairo verwendet. Viel Raum widmet die vorliegende Dokumentation der ägyptischen Vorstellung vom Leben nach dem Tode. Das entspricht durchaus dieser Kultur, die wie keine andere einen aufwändigen Totenkult betrieb. Räume und Gänge in den Pyramiden oder den Gräbern im Tal der Könige sind üppig ausgeschmückt mit bildhaften Darstellungen und Hieroglyphentexten, die ausführlich schildern, wie sich die Ägypter das Leben nach dem Tode vorstellten. Keine andere Kultur hielt auch so unverrückbar an der immer gleichen Formensprache fest -- denn jegliche Veränderung hätte den Einbruch der Zeit bedeutet und damit die Anerkennung der Vergänglichkeit. Der Versuch des visionären Pharaos Echnaton, neben der Religion auch die Formensprache zu revolutionieren, war somit zum Scheitern verurteilt. Der Film, der einen guten Einblick in die altägyptische Kultur bietet, endet mit einem Abstecher zu deutschen Ausgrabungen im Sudan, wo sich im 1. Jahrtausend vor Christus eine neue, vom nördlichen Nachbarn kulturell stark beeinflusste Macht etablierte: Das Reich von Kusch/Meroe. --Yvonne Engel