The Well
Preis 61.71 USD
Wenn das keine Kunst ist: Lieder zu schreiben, die von Anfang an so klingen, als seien sie uralt. Doch Chava Alberstein muß sich wahrscheinlich nur in ihre Kindheit in Stettin zurückversetzen, und schon fließen ihr zu den original jiddischen Texten der osteuropäisch-jüdischen Dichter eigene Melodien aus der Feder, als wären sie immer schon dagewesen. Und nebenbei gelingt ihr noch das Kunststück, aus zwei so unterschiedlichen Kulturen wie der des osteuropäischen Schtetl und der der westlichen Folksänger eine beglückende Synthese zu schaffen. In Israel seit langem ein gefeierter Star, hat sich Chava Alberstein für diese Platte mit den Klezmatics zusammengetan, die als innovativste Vertreter des aktuellen Klezmer-Revivals gelten. Doch mit der derben, energiegeladenen Musik der traditionellen Klezmorim hat das nur noch wenig zu tun. Dazu sind die Melodien zu eingängig, ist der slawisch-östliche Einfluß zu wenig spürbar, sind die Arrangements zu ausgefeilt und zu rund. Im Grunde sind es Chansons -- schwungvolle, hinreißende, dabei vielschichtige Chansons, wie sie die eigentliche Klezmer-Tradition so schön nie hervorgebracht hat. Klarinette und Geige, die üblichen Führungsinstrumente, agieren eher zurückgenommen, die Arrangements unterstützen vor allem die Melodie und die Stimme von Chava Alberstein. Und ob sie von Gott und der Welt singt, von der Liebe, einem Mandelbaum oder von der Schwester, die in Treblinka umgebracht worden ist -- stets gelingt es ihr, es weder kitschig noch banal klingen zu lassen. Wunderbare Musik, die fröhlich und traurig ist, schwer und leicht zugleich, Musik wie das Leben selbst.--Martin Rasper