Will man sich als Sänger einen seriösen Nachruhm nicht verderben, so vermeide man unbedingt extensive Ausflüge in Bereiche, die von den strengen Richtern der Hochkultur als "Unterhaltungsmusik" gebrandmarkt werden. Besonders schlimm sind in diesem Zusammenhang eigene Fernsehshows. Auf deutschem Boden war der Bariton Hermann Prey so ein verwerfliches Beispiel: Seine Volkslied-CDs mit den Schaumburger Märchensängern oder ähnlich anrüchigen Ensembles, seine Musiksendung "Schaut her, ich bin"s" haben ernsthaft seinen Ruf gefährdet. Dringen außerdem persönliche Krisen an die Öffentlichkeit, so finden sich augenblicklich Fachleute, die mit erhobenem Zeigefinger eine gescheiterte Künstlerlaufbahn diagnostizieren. Die breite Masse unterhalten zu wollen wird dabei weitaus verächtlicher kritisiert als etwa in den seriösen Grenzen der Ernsten Musik nach wenigen Jahren abzustürzen: Letzteres garantiert einem in Nachschlagewerken immerhin einige Spalten Demontage aus mehr oder weniger berufenem Mund, während man im ersten Fall bisweilen einfach verschwiegen wird. So geht es dem großen Vorbild aller Sänger, die vom rechten Weg abgekommen sind: Mario Lanza. Vergeblich sucht man in weiten Teilen der Fachliteratur nach einem eigenen Artikel über ihn; oft führt das Register nur zu Textstellen, die seinen Namen als Negativbeispiel enthalten. Was hat er getan? Geboren 1921 in New York in ärmlichen Verhältnissen, verbrachte er eine entbehrungsreiche Kindheit und Jugend. Er nahm dennoch Gesangsunterricht, seine Stimme wurde entdeckt, aber eine klassische Bühnenkarriere machte er nicht: Allzu früh wurde er von Hollywood vereinnahmt und wirkte in zahlreichen Filmproduktionen mit. Besonders die Verkörperung von Enrico Caruso in The great Caruso wurde ihm von der Fachwelt übel genommen. Eine Zeit lang hatte er seine eigene Mario Lanza Show, für die er einen großen Teil seiner Aufnahmen machte. Auch die Songs der vorliegenden CD stammen weitgehend aus dieser Quelle. Ein unsteter Lebenswandel und stimmliche wie gesundheitliche Probleme bedingten rasche Auszehrung und einen frühen Tod mit 38 Jahren. Besonnenere Autoren führen seine problematische Biografie darauf zurück, dass er mit dem gewaltigen Ruhm und der grenzenlosen Vermarktung nicht zurecht gekommen ist, womit er wahrlich nicht allein war. Ein Aspekt gerät jedoch in solchen Diskursen regelmäßig in Vergessenheit: Mario Lanza hatte zweifellos eine außergewöhnlich schöne Stimme, die den Hörer auch heute noch begeistern kann. Die Sammlung My romance ist seinen Einspielungen von bekannten amerikanischen Songs gewidmet: "All The Things You Are", "Night And Day", "Love Is The Sweetest Thing" oder "On The Street Where You Live" gehören zu den enthaltenen Titeln. Dieses Repertoire wurde auch von Künstlern wie Frank Sinatra oder Ella Fitzgerald gepflegt, vielfach mit raffinierteren Arrangements als auf dieser CD. Solche Stücke von einem klassisch ausgebildeten Tenor zu hören, hat jedoch seinen eigenen Reiz, zumal Lanza durchaus das nötige Einfühlungsvermögen für diese Musik hat. Lauscht man vorurteilsfrei, so muss man diese CD gern haben, denn unbeschadet aller Wirrnisse seines kurzen Lebens kann man Mario Lanza hier im Vollbesitz seiner stimmlichen Mittel mit leidenschaftlicher, ehrlicher Begeisterung für jede einzelne Phrase erleben. --Michael Wersin