Schubert: Klaviersonate D 850 in D-Dur, Lieder

EAN/UPC/ISBN Code 724355746023



Mit der vorliegenden CD setzen Ian Bostridge und Leif Ove Andsnes ihr aus gemeinsamer Schubert-Begeisterung entstandenes Projekt fort: Wie schon bei der ersten Folge wird eine Klaviersonate mit einer Gruppe weniger bekannter Lieder kombiniert. Die tiefe Zuneigung beider Künstler zur Musik Franz Schuberts ist dabei in jedem Takt hörbar: Unter Verzicht auf jede Süßlichkeit, wohl aber höchst sensibel und ausdrucksstark gestaltet Leif Ove Andsnes die 1825 bei einem glücklichen Aufenthalt Schuberts in Bad Gastein entstandene Klaviersonate D-Dur D 850. Er gewährt damit Einblick in Bezirke der reichen musikalischen Welt des Komponisten, die dem breiteren Publikum immer noch nicht sonderlich vertraut sind, obwohl die Bekanntheit gerade der Klaviersonaten in der letzten Zeit beständig zugenommen hat. Auch die für diese CD ausgewählten Lieder gehören nicht zu jenem allzu populären Repertoire, das einer umfassenderen Schubert-Rezeption, so könnte man meinen, manchmal fast hinderlich ist: Allenfalls das feurige "Auf der Bruck" mit seiner vorwärts drängenden Reit-Motivik im Klavier taucht hier und da in Liedprogrammen auf. "Vom Mitleiden Mariä" hingegen, eine interessante Adaption barocker Satztechnik, dürfte für viele Hörer ebenso eine Neuentdeckung sein wie das mitreißende und in seiner gewaltigen Ausdehnung sehr vielfältige "Im Walde". Letzteres gehörte ebenso zu den Paradestücken Dietrich Fischer-Dieskaus wie das oben erwähnte "Auf der Bruck". Und vergleicht man Fischer-Dieskaus Interpretationen -- die frühen, in den 50er- und 60er-Jahren entstandenen wohlgemerkt! -- mit denen von Bostridge, so wird deutlich, das der letzte, tiefste Zauber dieser Lieder den Hörer bei Bostridges Darbietung nicht unbedingt erreicht: Zu unstet, zu wenig stringent geht er mit den melodischen Bögen um, zu extravagant und irritierend ist bisweilen seine Lautbildung, zu wenig souverän bleibt nach wie vor sein Umgang mit der Sprache, die er sicher Wort für Wort durchdrungen hat, ohne sie jedoch so reproduzieren zu können, dass ihr Inhalt sich wirklich zwingend mitteilt. --Michael Wersin