Ma Vie En Rose [VHS] [UK Import]
Alain Berliners Mein Leben in Rosarot, einer der liebenswertesten europäischen Filme der 90er Jahre, ist die Geschichte Ludovics (von George DuFresne mit unermüdlicher Direktheit gespielt), eines unschuldigen kleinen Jungen, der ein Mädchen sein möchte. Davon überzeugt, dass er das Ergebnis einiger an die falsche Stelle geratener Chromosomen ist (in einer der vielen wunderschönen Tagtraum-Sequenzen stellt er sich das Durcheinander bildlich vor), beschließt er, den Fehler dadurch auszugleichen, dass er Kleider und hochhackige Schuhe trägt und mit Lippenstift und Make-up herumexperimentiert. Die an sich freundliche Vorstadt-Nachbarschaft erschrickt angesichts dieser Verwirrung der Geschlechter. Bezeichnenderweise erhält er die grausamsten Schläge nicht von seinen ihn hänselnden Mitschülern, sondern von intoleranten Erwachsenen. Eine Szene erinnert an den mit Fackeln und Mistgabeln bewaffneten, wütenden Mob aus den Frankenstein-Filmen. Ludo bemüht sich aufrichtig darum, männlich zu sein, doch er kann seine Natur nicht verleugnen - besonders dann nicht, als er eine verwandte Seele trifft: ein kleines Mädchen, das ihr Kleid gerne gegen seine Hose und sein Hemd eintauscht. Die bittersüße Mischung aus unschuldigen Fantasie-Szenarien und der Grausamkeit der Kindheit hat ihre traurigen Momente voll erdrückender Missverständnisse, aber der Grundton des Films ist liebevoll und wird von Zärtlichkeit beherrscht. Am Ende gipfelt er in Akzeptanz und einem Gefühl der Zusammengehörigkeit. Während die Familie strampelnd und stolpernd versucht, Ludo so wie er ist zu akzeptieren, entdecken sie etwas Besonderes in ihm: Eine unschuldige Überzeugung, die so mächtig und rein ist, dass sie ansteckend wirkt. Ludo wird vielleicht nicht, wie er hofft, groß werden, um sich in ein Mädchen zu verwandeln, aber sein Glaube ist so stark, dass man ihm diese Möglichkeit einfach nicht ganz verweigern kann. Der Film erinnert uns daran, dass für ein Kind alles möglich ist. --Sean Axmaker