Im angehenden neuen Jahrtausend waren diverse Trends zu beobachten, die von der kalten, technisierten Bits- und Bytes-Welt, der gesichtslosen Musik weg- und zu "neuen alten Werten" hinführte. Qualitätsmerkmale wie "handgemacht", "harmonisch raffiniert", "melodisch" und "virtuos" stehen wieder stärker im Vordergrund, egal ob bei Surfpunk oder Crossover, bei Elektro oder beim immer kostbarer instrumentierten R"n"B. Ziemlich in Mode geriet in diesem Zuge choraler Ethno-Pop, zusätzlich mittelalterlich oder keltisch inspiriert. Egal ob Oliver Shanti, Enya, Enigma, oder Sarah Brightman: Getragene Klänge und gregorianische Choräle wurden vermengt mit indischen Tablas, afrikanischen Trommeln, modernen Computersounds und indianischen Gesängen. Diese beruhigenden, meditativen Klänge fanden Eingang in Kosmetik- und Wellness-Oasen, Massagepraxen und Entspannungsbäder und verkauften sich wie warme Brötchen. Zu ganz besonderer Leistung im Eklektizismus-Pop brachten es dabei Cantara, die für diese CD von den romanischen Kirchen Aquitaniens und den Zisterzienserbauten Südfrankreichs angeregt wurden. Die meisterhafte Virtuosität und ein großes Repertoire an musikwissenschaftlichem Know-how lassen die Musik Cantaras aber nicht, wie so oft in diesem Genre, wie ein groß angelegter Raubzug durch die Musikgeschichte wirken, nach dem das Diebesgut dann wild vermengt und bunt aneinandergereiht wird. Nein, Cantara klingen dicht und durchkonzipiert, durchdacht und kreativ. Ob man sich nun die phantastische, afrikanisch inspirierte Rhythmisierung von "Maison du ciel" anhört, das vom Boxer Markus Beyer berühmt gemachte, Orff-durchtränkte "Anima", die schwebenden, leichten, wie Windharfen hallenden Stücke "Waiting For The Wind" und "Planets", das sakrale "Ubi Caritas", das romantische, seelenvolle "Mo Grahu" oder all die anderen schönen Lieder: Die Melodien wirken äußerst inspiriert, die Produktion brillant und perlend, voll und reichhaltig. Die Klänge tragen den Hörer davon, lassen ihn schweben und träumen, egal ob Klassik- oder Popfan. Hat man die Gelegenheit, Cantara auf der Bühne als visuelles Gesamtkunstwerk mit Artisten, großer Show, Musikern und Tänzern zu erleben, kann man sich glücklich schätzen. --Kati Hofacker