Brunos große Liebe
Wer keine Möhren isst, kriegt schlechte Augen: das weiß jedes Kind. Und jeder Hase weiß das auch -- zumindest fast jeder Hase. Bis auf Bruno nämlich, der noch nie an einer köstlichen Karotte geknabbert hat. Deshalb ist Bruno auch fast blind wie ein Maulwurf. Und so kommt es, dass Bruno nicht so schnell und sicher hoppeln kann wie die anderen. Deshalb ist er oft allein. Wahrscheinlich ist die Sehschwäche auch der Grund, warum Bruno auf den wundervollen, weich-verschwommenen Illustrationen Jutta Brückners einen braunen Kreis um eines seiner Augen hat (genauso wie der ebenfalls sehr einsame Vierbeiner in Brückners wohl bekanntestem Kinderbuch Der Mondhund), übrigens: ein wenig sieht das wie ein Monokel aus. Aber auch das hilft Bruno wenig: Denn als er auf freiem Feld eine Karotte sieht, glaubt er, da würden zwei grüne Hasenohren aus dem Boden wachsen. Flugs zieht der fehlsichtige Bruno die vermeintliche Hasendame aus dem Boden, verliebt sich unsterblich in das duftende Ding und nimmt das junge Gemüse mit in seinen Bau. Wie die Karottendame Bruno am Ende sogar das Leben rettet, ihm letztlich die Augen öffnet und damit aus seiner Einsamkeit befreit, das sollte jeder selbst bestaunen. Manchmal macht Liebe eben doch nicht blind. So oder so: Kinder sollten mehr Karotten essen. Und wenn sie dann richtig gute Augen haben, dann sollten sie sich unbedingt durch Brunos große Liebe blättern. Wer nämlich versteht, die winzigen Details zu sehen, der kann schon vom ersten Bild an erahnen, dass alles gut ausgehen wird für Bruno. Mehr wird aber nicht verraten. --Thomas Köster