Ganze 463 Lieder von Franz Schubert hat der Bariton Dietrich Fischer-Dieskau mit Gerald Moore eingespielt, darunter mehrmals die drei berühmten Liederzyklen Die schöne Müllerin, Winterreise und Schwanengesang Kennengelernt hatten sich die beiden im Jahre 1951. Moore war bereits ein weltbekannter und erprobter Begleiter als er von dem fünfundzwanzig Jahre jüngeren Sänger hörte: "Kaum sechs Monate später betrat dieser junge Riese, begleitet von seiner schönen Gattin, das Aufnahmestudio in London... Er brauchte nur eine Passage zu singen, und ich wusste, dass ich einen Meister vor mir hatte." (Moore). Zwei seelenverwandte Künstlernaturen hatten sich gefunden; sie verstanden sich auf Anhieb, ohne Worte, ohne Zeichen. Ein großartiges Ergebnis ihrer zwanzigjährigen künstlerischen Zusammenarbeit ist unter anderen diese Aufnahme aus dem Jahre 1972. Voller Ehrfurcht verneigt sich der Ältere vor der Kunst des Jüngeren: "Es genügt nicht festzustellen, dass seine Stimme wundervoll, seine Technik unglaublich und er dadurch fähig ist, alles was er will, auszuführen. Auch seine makellose Diktion und die vollkommene Verschmelzung von Wort und Ton in seinem Gesang sind nicht allein ausschlaggebend... Wenn ich eine Schlussformel für Fischer-Dieskaus Überlegenheit, die ihn vor jedem anderen Sänger auszeichnet, finden müsste, würde ich mit einem Wort sagen: Rhythmus. Dieser ist der Lebenssaft der Musik, und Fischer-Dieskau ist ein Meister des Rhythmus." Und Fischer-Dieskau entgegnete: "Gerade der Rhythmus, den er so besonders an mir hervorhob, war eine seiner Haupttugenden, ein Mitgehen mit dem Partner..., das die große, vom Komponisten eingeschlagene Bahn bis ans Ende verfolgte." --Teresa Pieschacón Raphael