Klavierkonzerte 22,27
Preis 18.99 - 22.78 USD
Es sind nicht gerade die gefälligsten Klavierkonzerte von Mozart, die Alfred Brendel für seine neueste CD ausgewählt hat -- sowohl KV 595, das letzte Werk Mozarts in dieser Gattung, wie auch KV 482 fordern weitaus mehr Geduld als so beliebte Exemplare wie etwa das "Jeunehomme-Konzert", das dem Hörer durch seinen luziden, warmherzigen Tonfall entgegen kommt. Die hier aufgenommenen Stücke müssen in ihrem bisweilen trügerisch "einfachen" Klavierpart Ton für Ton mit Sinn erfüllt werden, was häufig auch vom Pianisten improvisierend eingebrachte Verzierungen und Diminutionen einschließt. Letztere Herausforderung meistert Brendel hervorragend vor allem in den langsamen Sätzen der beiden Konzerte, wo er mit einfallsreichen, melodisch gut ausbalancierten Umspielungen zu brillieren versteht. Allerdings geht er nicht nur in dieser Hinsicht über den Notentext hinaus, sondern verändert häufig auch Mozarts besonders in KV 595 minutiös angebrachte Phrasierungsbögen, bürstet die Artikulation ohne erkennbaren Grund quasi gegen den Strich -- eine Eigenwilligkeit, die im Kontext seiner ansonsten sehr durchdachten, ausdrucksvollen Interpretation mit einem kleinen Fragezeichen versehen werden muss. Sir Charles Mackerras bewegt sich mit seiner Gestaltung des Orchesterparts ein wenig im Niemandsland zwischen dem bezaubernd süffigen, vibratoreichen "Salzburger Mozartklang" eines Geza Anda, den er weit hinter sich gelassen hat, und dem radikal offenen, kontrastreichen und durchsichtigen Klang historisierend musizierender Orchester, den er leider nicht erreicht. Dies ist um so bedauerlicher vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Mackerras in den 70er-Jahren für die "Archiv-Produktion" wegweisende Einspielungen barocker Werke vorgelegt hat, ohne jedoch den Schritt zu historischen Instrumenten zu wagen beziehungsweise diese Praxis auf das klassische Repertoire zu übertragen. Was bleibt, ist nur der sehr sparsame Einsatz von Vibrato, während die Transparenz und klangfarbliche Vielfältigkeit, die etwa in Gardiners Einspielungen der Klavierkonzerte bestechend verwirklicht ist, weitgehend fehlt. Zu dem beschriebenen Mangel trägt jedoch ein weiterer Aspekt maßgeblich bei, der als das eigentliche Problem der CD zu betrachten ist: Die Aufnahmetechnik hat sowohl Klavier als auch Orchester in merkwürdig abgedunkelter, soßiger Weise festgehalten, was die gebührende Würdigung dieser in vieler Hinsicht zweifellos hörenswerten Aufnahme deutlich erschwert. --Michael Wersin