Aftertaste

EAN/UPC/ISBN Code 4988005302236

Marke Interscope


Überraschend eingängig beginnt der vierte Longplayer von Page Hamilton"s Hardcore-Kammerorchester aus New York. "Pure" präsentiert ein verblüffend geradliniges Riff und eine Gesangslinie, die sich durch einen Exotismus namens Melodie auszeichnet. Das sollen die Lärm-Philosophen sein, die 1990 mit Strap It On ein garstiges Meisterwerk des Noise-Metal ablieferten? Gut, gen Ende des Openers von Aftertaste brüllt sich Gitarrist und Sänger Hamilton die Lunge in altbekannter Manier aus dem Leibe, aber derart zugänglich gibt er sich selten. Für Hamilton, den Absolventen der Jazzabteilung an der Manhattan School of Music, ist Musik eine intellektuelle Herausforderung. Er haßt nichts so sehr wie den Drei-Akkorde-Sleazerock von Guns"n"Roses, aber er liebt den kreativen Austausch mit Avantgardekünstlern wie Caspar Brötzmann oder John Zorn. Wenn Hamilton seine Songs konstruiert, benutzt er nicht einfach einen C-Dur-Akkord oder ein schlichtes A-Moll -- nein, er stattet seine Kompositionen mit verminderten, quintenzirkulierenden Tonkunstwerken aus, die Vorbildern wie John Coltrane oder Ornette Coleman zur Ehre gereichen. Songstrukturen sind streng reduziert, was auf seine Lehrjahre im Gitarrenorchester des Minimalisten Glenn Branca verweist. Aber neben allen künstlerischen Ansprüchen mag Hamilton auf radikale Härte nicht verzichten: Trotz Hooklines ist auch Aftertaste ein physisches Album, bei dem jedes einzelne Riff durch die Hörgewohnheiten des Mainstream sägt. --Björn Döring