Atmosphäre schaffen, das können sie. Ganz weit und offen zu werden und zugleich hautnah heranzutreten, es gelingt in jedem Moment. Räumlichkeit mit Brücken aus Stille zu verbinden, in denen die Musik weiterklingt, Augenblicke der Konzentration, wo alle schon gespielten und noch zu spielenden Töne, der Geschmack von Holz, ein Geruch von trockenem Staub und Schweiß sich zu verdichten scheinen: Man spürt sich zwischen Kontrabass und Saxofon, steht mittendrin in ihrer Intimität, zum Anfassen echt schmeckt die Musik, zum Greifen nah sind ihre Schöpfer. Die beinahe entblößende Aufnahme zeigt ein glasklares Bild des Raums und führt direkt und unweigerlich ins Innerste, zu Gedanken und Gefühlen der Künstler, die sie vielleicht selbst nicht einmal kennen. Das Zusammentreffen von Jan Garbarek (Saxofon) und Miroslav Vitous (Kontrabass) auf der CD Atmos gleicht einem friedfertigen und meditativen Ausflug in die Wahrhaftigkeit. Die entrückten Fantasien strotzen vor Realität. Die gleitende Musik ist weder hektisch, noch abgehoben. Alles atmet, ohne sich zu veratmen. Mannigfaltige Wege, die beide gemeinsam bestimmen, führen von sakralen Melodien zu freitonaler Improvisation, von leiser Präsenz zu rascher Impulsivität und kraftvoller Klarheit. Das Spiel ist im luftigen Strömen und Treiben fest geerdet und entschwebt niemals. Es hält mit seiner Tiefe Himmel und Erde zusammen, ist schwer, verspielt, romantisch und licht. Fast alle Stücke sind von Miroslav Vitous: Das ein oder andere Mal bringt er skurrile Orchesterklänge aus seiner computergesteuerten "Sound Library" ins Spiel, die polternd einen aberwitzigen Orgelpunkt inszenieren. Das sind die aggressivsten Äußerungen im strahlend lebendigen Paartanz. --Katharina Lohmann