Schauplätze der Weltkulturen - Chartres [VHS]
Die Kathedrale von Chartres in Nordfrankreich gilt als eine der großartigsten gotischen Kirchenbauten Europas und bildete mit ihrer gewagten Architektur und in künstlerischer Hinsicht das Vorbild für zahlreiche spätere Bauwerke. Während das Äußere der Kirche durch seine hochaufragenden Türme und die zart wirkenden Strebepfeiler besticht, ziehen den Besucher im Inneren die im Halbdunkel des hohen Raumes hell leuchtenden Glasfenster in ihren Bann. Ein Teil der insgesamt 176 Glasfenster wurde von den einheimischen Handwerkerzünften gespendet, die sich davon das Wohlwollen ihres jeweiligen Heiligen erhofften. So enthalten die Bilder der Fenster nicht nur biblische Themen, sondern zeigen auch Szenen aus dem alltäglichen Leben. Das passte durchaus zur Nutzung der Kathedrale: Im Mittelalter diente der Kirchenraum nicht nur ehrfurchtsvoller Andacht; Pilger nutzten ihn als Nachtlager, Händler als Umschlagplatz. Die Glaubenswelt des Mittelalters, die unserer heutigen Zeit sehr fremd ist, ersteht in dieser Dokumentation aus der Reihe Schauplätze der Weltkulturen wieder lebendig vor unseren Augen. So werden die Reliefszenen der einzelnen Portale ausführlich besprochen und deren uns heute nicht mehr geläufigen Sinnzusammenhänge erläutert. Auch die wunderschönen, in himmlischem Blau leuchtenden Glasfenster kann der Zuschauer eingehend betrachten. Für den mittelalterlichen Menschen symbolisierte das helle Licht die göttliche Gewalt. Wie eng Glauben und Handeln im Mittelalter miteinander verbunden waren, zeigt sich auch in der Baugeschichte von Chartres: Ohne die Kenntnis antiker mathematischer Werke hätten die Baumeister die Kathedrale nicht errichten können. Doch ohne ihren Glaubenseifer, der sie trieb, mit einfachsten technischen Mitteln eine solch gewagte Konstruktion zu errichten, hätten sie es wohl gar nicht erst versucht. Nachdem der Bau von Chartres gelungen war, brach ein regelrechter Bauboom aus, der in den folgenden 100 Jahren rund 3.000 Kirchen, darunter ein gutes Dutzend Kathedralen, allein in Nordfrankreich hervorbrachte. --Yvonne Engel