Lichter der Vorstadt

Preis 13.35 USD

In Lichter der Vorstadt lässt das finnische Enfant terrible Aki Kaurismäki seinen „Helden“ in die Fänge einer skrupellosen Femme Fatale geraten. Aki Kaurismäki ist bekannt für seinen lakonischen Humor, für stilisierte, minimalistische Geschichten und für die ungebrochene Sympathie zu den sogenannten Verlierern der Gesellschaft. Seine Filme haben sich über die letzten 20 Jahre kaum verändert, was ihm hin und wieder Kritik einbringt. In Lichter der Vorstadt, dem letzten Teil der von ihm selbst so bezeichneten „Trilogie der Verlierer“, wird dieser Weg weiter beschritten, konsequenter denn je. Im Mittelpunkt steht der Wachmann Koistinen (Janne Hyytiäinen), der einsam seine Runden durch eine kalte, antiseptisch wirkende Shopping Mall zieht. Koistinen ist wortkarg und einsiedlerisch, selbst seine Kollegen können ihn noch nicht einmal beim Namen nennen. Sein einziger menschlicher Kontakt scheint Aila zu sein, die eine Wurstbude am Stadtrand betreibt und die er jeden Abend aufsucht um sich seinem kargen Mahl hinzugeben. Er ist nicht in der Lage die Zuneigung der Frau zu spüren, die schon lange ein Auge auf ihn geworfen hat. Koistinen hat sich ganz offenbar seinem tristen, ereignislosen Leben gefügt. Bis ihm die dralle Mirja (Maria Järvenhelmi) begegnet. Koistinen verliebt sich in die attraktive blonde Frau. Was er nicht ahnt: Mirja ist nur der Lockvogel eines Gangsters, der scharf auf Koistinens Schlüsselbund ist um einen Juwelier auszurauben. Es kommt wie es kommen muss. Die Tat wird Koistinen in die Schuhe geschoben, er verliert seine Arbeit und landet im Gefängnis. Am Ende steht er unter den Lichtern der Vorstadt an der Imbissbude. Aila hat ihn nicht aufgegeben. Ihre Hände berühren sich. Es gibt auch in der dunkelsten Stunde Trost und Hoffnung. Kaurismäki hat einen Film gedreht, der in seiner stilistischen Konsequenz an Robert Bresson erinnert, der in der Wahl seiner Mittel mitunter an die Ästhetik der Stummfilmzeit anknüpft. Statische Einstellungen, die häufige Verwendung von Großaufnahmen, unbewegte, reglose Gesichter... all das trägt dazu bei, dass die Filme bei aller Kargheit sehr effektiv und elegant wirken. Der bewusste Verzicht auf jegliche Spielereien spiegelt die Ökonomie der Geschichte wieder, die im Grunde genommen auch in einem Film Noir der 40er Jahre hätte erzählt werden können. So gesehen ist Lichter der Vorstadt auch eine Verbeugung vor dem Hollywood des goldenen Zeitalters, als noch nicht die großen Mischkonzerne das sagen hatten, sondern grüßenwahnsinnige oder schlicht visionäre Produzenten. Kaurismäki verabscheut den Neoliberalismus, er empfindet jede Geste als Anbiederung und bleibt in seiner Urteilskraft gnadenlos. Deshalb wirken seine Filme wie ein Destillat seiner eigenen Weltanschauung. Sie sind klar, direkt und unmissverständlich. Manche empfinden das als Kitsch, andere als Wahrhaftigkeit. Mit Lichter der Vorstadt ist ihm ein großer Wurf gelungen.Thomas Reuthebuch