Neandertaler: Der Streit um unsere Ahnen
Preis 33.38 USD
Die rund 150 Tausend Jahre, in denen die Neandertaler Europa und den Nahen Osten besiedelten, gehören sicher zu den wichtigsten und ereignisreichsten Perioden der Menschwerdung. Dabei gilt heute als sicher, daß die Neandertaler als eigene Art anzusehen sind, der Homo neanderthalensis also nicht einfach eine Variante des modernen Homo sapiens war. Und auch wenn unser Erbgut nichts mit dem der Neandertaler gemein hat, so zeigt der hohe Entwicklungsstand mit Erfindungsreichtum und ziemlich hoch entwickelten Kommunikationsformen, daß es an der Zeit ist, das Image des primitiven Wilden -- seit jeher Synonym für den Neandertaler -- zu revidieren. Dieses wunderschön gestaltete Buch besticht bei einem ersten Durchblättern durch die eigenartige Ästhetik der Fotografien. Die Schädel und Gebeine sind uns so vertraut, daß wir unwillkürlich spüren, hier an unsere eigenen Wurzeln zu stoßen. Der Anthropologe und Autor Ian Tattersall beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der menschlichen Evolution und mit diesem Buch faßt er den wissenschaftlichen Stand der Dinge in einer Art und Weise zusammen, die nicht nur überaus informativ, sondern vor allem faszinierend und fesselnd ist. In einprägsamen und didaktisch vorzüglichen Kapiteln führt Tattersall den Leser und Betrachter in die Grundlagen der Anthropologie ein, einer Disziplin, die sich mit ihren wissenschaftlichen Methoden an den Grenzen von Paläontologie, Biologie und Archäologie bewegt. Im folgenden konstruiert Tattersall das stammesgeschichtliche Umfeld der Neandertaler: wann und wie wurden seine Überreste gefunden und gedeutet, unter welchen Umweltbedingungen mußten sie (über)leben, welche sozialen Strukturen hatten sich bereits herausgebildet und konnten sie vielleicht sogar schon miteinander sprechen? Aus der Sicht des Homo sapiens mag die Geschichte des Homo neanderthalensis die der Verlierer sein, ob wir es aber -- im evolutionären Sinne -- weiter gebracht haben, ist mehr als fraglich, denn eines ist wohl sicher, 150 Tausend Jahre wird es uns auf dieser Erde aller Voraussicht nach nicht geben. --J. Schüring