Bootleg Series,Volume1/Quine
Trotz der von dem Titel heraufbeschworenen Schwarzmarkt-Atmosphäre waren diese unvollkommenen, aber historisch bedeutsamen Liveaufnahmen von Velvet Underground -- die bei schlecht besuchten Veranstaltungen in San Francisco im November 1969 entstanden, (in der Post-John Cale und in der Prä-Loaded-Phase) -- niemals vorher erhältlich, weder legal noch illegal. Darüber hinaus musste der junge Fan und Tonband-Bediener Robert Quine (ein Lehrling von Lou Reeds wildem Gitarrenstil und ein zukünftiges Gründungsmitglied der Punk-Combo Richard Hell And The Voidoids) sich nicht -- wie die meisten Raubkopierer -- auf unwürdige Weise verstohlen hinten in der Konzerthalle mit einem versteckten Mikrofon in der Hose hinstellen. Quines Aufnahmen -- ursprünglich mit einem Kassettenrekorder gemacht, dann aber (und dies eher zufällig) auf ein haltbareres Tonbandsystem übertragen -- wurden mit Erlaubnis und Unterstützung der Band gemacht, blieben aber seitdem in ihrem Versteck. Die Bootleg Series Volume 1, bestehend aus drei CDs, ist ein weiterer eindeutiger Beweis -- falls dies überhaupt noch nötig ist -- dass Velvets abstoßender, dissonanter, unheimlicher, gewalttätiger, anarchischer Pop nicht in die damalige Zeit passte, aber seitdem mit der Zeit Schritt gehalten hat. Bei diesen Shows erlebt man (dank des stummen Spießertums des Publikums) den Zusammenstoß der Kulturen der amerikanischen Westküste mit ihrem blumenkinderhaften Optimismus und dem heroinbedingten unterschwelligen Nihilismus von Velvet Underground. Mit unglaublicher Hartnäckigkeit traktieren Velvet Underground das Publikum mit zersplitternden Resonanzböden und pornografischen Details bei "Sister Ray". Im gleichen Stil wird dieses gespenstische Schulkonzert fortgesetzt mit "After Hours" und "I"m Sticking With You" und einer "Venus In Furs", die -- ohne die Peitschenhiebe von John Cales Viola-Glissandos -- mit Doug Yules wahnsiniger Doors-Orgel dahinkriecht. Wie Jonathan Richman einst fragte "How did they make that sound, Velvet Underground?". Keine Ahnung. Aber sie haben es geschafft. Und seitdem war alles anders. --Kevin Maidment