Der XX. Himmel, Bd.1, Erinnerungen an 1998
Seit 1997 beschäftigte sich der unter dem Pseudonym Yslaire arbeitende und 1957 geborene Zeichner Bernard Hislaire mit dem Medium Internet. Das Ergebnis liegt nun mit dem ersten Band der Trilogie Der XX. Himmel vor. Der Verlag bezeichnet das Kunstwerk Yslaires schlicht als Cyber-Roman. Der Comic-Roman Der XX. Himmel handelt jedoch mehr von der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die fiktive Protagonistin Eva Stern, wurde mit diesem Jahrhundert geboren und erlebte zwei Weltkriege, die erste Mondlandung, Marilyn Monroe, Berichte über den Vietnam-Krieg und die Hippie-Zeit. Eva Stern ist Psychoanalytikerin und traf auf Personen wie Sigmund Freud, Stalin und Gandhi. Im März 1998 erhält sie eine auf den 31. Februar datierte E-Mail von @nonymous. Die E-Mail enthält keinen Text, sondern lediglich Fotos mit Datums- und Ortsangaben. Es folgen weiter E-Mails, in denen Bilder miteinander verlinkt sind. Die ausgelösten Assoziationsketten konfrontieren Eva Stern mit der Vergangenheit. Den Bildern gemein ist das im Comic durchgehaltene Leitmotiv des Engels. Erinnerungen an ihren Bruder Frank -- der stark dem jungen Bernard Sambre ähnelt -- werden in der sympathisch gezeichneten, modernen alten Frau mit bezeichnenden Falten, Altersflecken und Brille wach. So grübelt sie, eine Zigarette nach der anderen rauchend, auf ihrer Analytikercouch oder vor dem Computer über den Gehalt der E-Mails und die Absicht @nonymous. Ist es ein Engel, der ihr diese Nachrichten zukommen lässt oder ist es Frank? Die Aussagekraft der Bilder überzeugt, doch leider enthält der Text nicht die entsprechende Tiefe. Er beschreibt lediglich das Gesehene, ohne es weitergehend zu erläutern und somit eine richtige Geschichte zu konstruieren. Der XX. Himmel ist ein Comic für das 21. Jahrhundert, welches das 20. Jahrhundert reflektiert. Das Überformat wurde bei der deutschen Ausgabe beibehalten, wenngleich die deutsche Internetpräsenz noch auf sich warten lässt. Eine Chance, das neue Medium mit dem alten zu verbinden, liegt hier momentan noch ungenutzt brach. --Mathias Mahler