Shamans

EAN/UPC/ISBN Code 28947023425


Hersteller Poly

Land USA

Sie lebt in ihrer eigenen Welt, von der sie uns nur den Klang zeigt. Aziza Mustafa Zadeh, die Jazzpianistin mit stark orientalischem Einschlag aus Aserbeidschan, hat ihr neues Album Shamans vorgelegt, ihr erstes bei Decca, ihrer neuen Plattenfirma. Die eigenwilligen, stark improvisatorisch geprägten Kompositionen, bei denen das Klavier mit der Stimme um die Wette musiziert, haben einen sehr mystischen Stil. Jedes ihrer Alben hätte so heißen können. In einer eigenen Notenschrift bringt sie ihre Einfälle zu Papier: Symbole, die zumeist Klavierpart und Stimme gleichzeitig bezeichnen. Oft lässt sie in ihren "Partituren" Platz frei für Einfälle, die "aus dem Kosmos dazu kommen", so Mustafa Zadeh über ihre Kompositionsweise, die, wie alles an ihr, sehr spirituell funktioniert. Dabei beginnt die CD vergleichsweise harmlos mit der schwungvollen Temponummer "Holiday Blessings". Die zweite Nummer, "Ladies Of Aserbeidschan", zeigt da schon mehr Gefühl. Nachdem wir durch die endlich entschleierten Afghaninnen neugierig geworden sind auf die orientalische Weiblichkeit, ist der Song eine schöne Klangmalerei voll Sinnlichkeit und souligen Kantilenen. Neben mehr oder weniger klavierlastigen Balladen und weiteren Temponummern ist der Song "Ayrilik" eine wunderschöne Ballade mit jüdischem Klagemelos. Der Titelsong "Shamans" schallt wie von einem (weiblichen!) Muezzin gesungen von einem imaginären Minarrett. Oder klagt ein Wolf in Azizas Zauberwald sein Leid? Sanft beginnend mit Naturgeräuschen ist "Shamans" ein wunderbarer, fast schon esoterischer Song, der im weiteren Verlauf durch druidenartige Soft-Perkussion eine rituelle Note bekommt. Der Song "Endless Power" ist wörtlich zu nehmen! "Melancholic Princess" hingegen plätschert ein wenig nach Art von Keith Jarrett dahin, eingängig aber banal. Die eindrucksvollsten Songs auf dem Album sind jeweils zwei Komponisten gewidmet: "Bach-Zadeh" ist eine schwungvolle Nummer mit choralartigen Strömungen und orientalischen Kontrapunkt-Fresken, die man erst beim zweiten Hören bemerkt und genießt. "Portrait of Chopin" ist eine Variation über Chopins berühmte a-moll-Mazurka. Aziza Mustafa Zadeh, die privat Rosen züchtet und fotografiert, lässt hier ihre enorme Begabung für Improvisation spielen und forscht, wühlt, spürt tief in Chopins Klangwelten hinein, lässt mit sensiblen Rosenfingern für Chopin eine Art spirituelle Salon-Soirée entstehen, allerdings nicht in Paris, sondern in Aserbeidschan. Mit Prélude-artigen Läufen lässt Mustafa Zadeh ihre Wellen bis einen Halbton vom Kitsch entfernt schlagen. --Jens Peter Launert