Mazurkas

Chopin schrieb während seines gesamten, allzu kurzen Lebens Mazurken, wobei er diesen polnischen Tanz als Ausgangspunkt für kurze Stücke nutzte, die eine Welt von harmonischen Erkundungen und unterschiedlichen Emotionen umfassten, von subtiler Komik bis zu intensiver Trauer. Rubinstein spielt die 51 Mazurken des üblichen Repertoires und lässt die unveröffentlichten Jugendwerke aus. Von den drei Aufnahmen dieses Sets tendieren Kenner dazu, seine erste aus den Jahren 1938-1939 wegen deren Spontaneität zu bevorzugen. Aber diese Stereo-Aufnahmen aus den Jahren 1965-1966 werden durch ihre erfrischend lebendige Bearbeitung genau so vielen Zuhörern gefallen. Sie sind ein wenig gewichtiger als die frühen Aufnahmen, aber die größere Tiefe und Rubinsteins Charakterisierung eines jeden Stückes macht sich bezahlt. In der großartigen Cis-moll Mazurka, Op. 50 Nr. 3 bringt er zum Beispiel das schöne Eröffnungsthema zum Singen und dies mit entwaffnender Einfachheit, die diese mit Trauer und Bedauern ausstattet. Ihm gelingen makellose Übergänge zu kühneren Aussagen, und er macht aus einem bezaubernden Tanz ein dramatisches Tonpoem, das in fünf Minuten all das ausdrückt, wozu andere Komponisten eine ganze Sinfonie benötigen würden. Dieses Wunder wird in diesem Set oft wiederholt, wenn Rubinstein zuerst anscheinend ein Stück zurückhaltend interpretiert, bis man die Gestaltungskraft seiner sorgfältig modulierten Dynamik, seines sanften Rubato und seiner vielfältigen Klanggestaltung bemerkt. Eine nach außen gewandte Bescheidenheit charakterisierte ihn, eine Einfachheit, die seine komplexe Kunst verbarg. Überall spielt er mit einem wunderschönen, gesangsähnlichen Klang, mit lebendigem Rhythmus und einer aristokratisch anmutenden Autorität, die nur wenige erreicht haben. --Dan Davis