Hiroshi Sugimoto: Catalogue designed by Takaaki Matsumoto

Seit Beginn seiner internationalen Kunstkarriere fotografiert der japanische Fotograf Hiroshi Sugimoto in poetischen Bildserien die Zeit, das Vergehen und ihre Dauer: Etwa da, wo er „das Leben einer Kerze“ während ihrer gesamten Brenndauer fixiert und die Blende seiner altertümlichen Großbildkamera erst schließt, wenn die Flamme gänzlich erloschen ist. Dabei steht hinter seiner Arbeit immer eine konkrete Idee, die auf originelle Weise europäische und japanische Kunsttraditionen miteinander verbindet -- getragen vom Wunsch, „mit den Mitteln der Fotografie eine uralte Stufe der menschlichen Erinnerung sichtbar zu machen“, wie Sugimoto schreibt: „Ob individuelle oder kulturelle Erinnerung oder die kollektive Erinnerung der Menschheit insgesamt: Es geht darum, in die Vergangenheit zurückzugehen und sich zu erinnern, woher wir kommen und wie wir entstanden sind.“ In 221 teils farbigen und größtenteils großformatigen Abbildungen gestattet dieser überaus anspruchsvoll gestaltete und aufwändig gedruckte Band erstmals einen umfassenden Überblick über das faszinierende Werk eines der besten und aufregendsten lebenden Fotokünstler: Angefangen von den auf mystische Weise lebendig wirkenden Aufnahmen naturwissenschaftlicher Schaukästen mit urgeschichtlichen Exponaten über die Bilder von Open-Air-Kinos und amerikanischen Lichtspielhäusern aus der Frühzeit des Kinos, deren weiß strahlende Leinwände den Raum erhellen, weil Sugimoto die Blende seiner Kamera für die gesamte Dauer eines Films geöffnet hielt, bis hin zu den großartigen Fotografien urtümlich wirkender Meere, auf die Form reduzierter moderner Architekturen und der Wachsfigurenporträts, deren eigentümliches Pendeln zwischen Lebendigkeit und Künstlichkeit irritiert und bezaubert. Darüber hinaus sind eher ungekannte Reihen wie die „Sea of Buddha“ vertreten, die in ihrer seriellen Art stark der Conceptual Art verpflichtet sind -- und zum Teil wohl auch weniger überzeugen. Alles in allem aber zeigt der Band in ausgewählten Beispielen vor allem aus den berühmten Bildserien die rätselhafte Schönheit und geheimnisvolle Ruhe von Hiroshi Sugimotos poetischer Kunst. Und er illustriert, dass Kunst auch im Zeitalter ihrer vollkommen technischen Reproduzierbarkeit eine Aura haben kann. -- Thomas Köster, Literaturanzeiger.de