Gurrelieder
Preis 14.36 - 22.39 USD
Sir Simon Rattle präsentiert mit einem hoch qualifizierten Ensemble eine hörenswerte Neuaufnahme von Arnold Schönbergs faszinierenden Gurreliedern. Als Schönberg diesen gewaltigen Abgesang auf spätromantische Farbenpracht und überdimensionale Klangentfaltung 1911 beendete, hatte er sich eigentlich längst von solcher Gigantomanie verabschiedet und arbeitete bereits mit in jeder Hinsicht auf ein Minimum reduzierten Mitteln. Doch auch wenn die Gurrelieder bezüglich ihrer äußeren Gestalt inzwischen nicht mehr Schönbergs Intentionen als Komponist entsprachen, so sind sie in ihrer Anlage und Ausarbeitung dennoch ein unübertrefflich meisterhaftes, singuläres Werk, das zu lieben keineswegs eine Schande ist. Die riesige Besetzungsliste rechtfertigt sich durch die brillante Qualität der Partitur und durch die überragende Wirkung, die die Musik zu entfalten vermag. Im Zentrum der Textvorlage Jens Peter Jacobsens stehen zwei verschiedene Überlieferungen aus der mittelalterlichen dänischen Geschichte, die im Laufe der Jahrhunderte Sagengestalt angenommen und sich zu einer Handlung verbunden haben: Ein König namens Waldemar liebt die schöne Tove, ein Mädchen aus dem Volk; die eifersüchtige Königin jedoch lässt Tove töten, und Waldemar zerbricht daran. Er empört sich in seinem Leid gegen Gott, was zur Folge hat, dass er in seinem Grab keine Ruhe findet und mit seinem schauerlichen untoten Heer in wilder Jagd umherreitet. Der erste Teil des Werks besteht im Wesentlichen aus neun herrlichen Orchesterliedern, in denen Waldemar und Tove abwechselnd über ihre Gefühle füreinander sprechen. In Thomas Moser und Karita Mattila fand Simon Rattle zwei ausdrucksstarke und stimmlich ihrer Aufgabe gewachsene Sänger für diese schwierigen Partien. Gleiches gilt für Anne Sofie von Otter, die als klagende Waldtaube den ersten Teil beendet. Zieht man Riccardo Chaillys 1985 entstandene Aufnahme zum Vergleich heran, wird man möglicherweise etwas mehr Gefallen finden an dem damals hervorragend disponierten Siegfried Jerusalem und seiner Partnerin Susan Dunn: Beide können sich in puncto stimmlicher Präsenz und Flexibilität des Ausdrucks etwas besser profilieren als Rattles Solisten. Vollkommen überzeugend agieren in der vorliegenden Aufnahme allerdings Thomas Quasthoff (Bauer, Sprecher) und Philip Langridge (Klaus-Narr). Souverän ist auch Rattles Umgang mit den Orchester- und Chormassen; seine Interpretation basiert auf der Überzeugung, die Gurrelieder seien das "größte Streichquartett der Welt" und ist dementsprechend durchsichtig und klar strukturiert. Zweifellos ein Gewinn für die Diskografie dieses aufgrund der erforderlichen Mittel selten realisierten Werkes. --Michael Wersin