Bolero / Daphnis Chloé Suites / la
Preis 5.99 - 13.18 USD
Die langjährige Zusammenarbeit der Wiener Philharmoniker mit Lorin Maazel hat im Laufe der Zeit reiche Früchte getragen, und viele Highlights daraus sind auf bedeutenden CDs festgehalten. Offensichtlich lieben die Wiener den strengen Maestro, durfte er doch 1999 bereits zum zehnten Mal ihr traditionelles Neujahrskonzert leiten. Keine Strausswalzer, sondern ein Programm mit Orchesterwerken von Maurice Ravel spielte er im Juni 1996 mit den Wienern ein, aber eine Verbindung zu Strauss gibt es doch: Ravel konzipierte seine eigentümliche Walzerfolge La Valse im Jahre 1906 ursprünglich wohl als Hommage an den Wiener Walzerkönig, aber das Werk wanderte immer wieder in die Schublade. Als es 1920 schließlich fertiggestellt wurde, hatte es ganz eine andere Gestalt angenommen: Gefiltert durch persönliche Leiderfahrungen Ravels, war es zu einer Art Totentanz geworden, zu einem "Endzeitpsychogramm als Walzerfolge", wie Georg-Albrecht Eckle im Booklettext der CD formuliert. Eher geisterhaft meint man beim Anhören die Paare vorbeitanzen zu sehen; immer wieder rufen harmonische Verfremdungen und bedrohliche Klangballungen Beklemmung und Verstörung hervor. Maazel kostet diese Effekte aus und steigert vor allem mit agogischen Mitteln die Spannung, die sich nur selten in kurzen, Unbeschwertheit vorgaukelnden Passagen löst. Noch bezwingender durch seinen obsessiven, kein Entrinnen gestattenden Rhythmus und das immer wieder von vorn beginnende Thema ist der 1928 geschriebene Bolero, Alptraum eines jeden Orchester-Schlagzeugers, der mit einer kleinen Trommel, seine dynamischen Mittel über fünfzehn Minuten geschickt dosierend, das rhythmische Geschehen zu tragen hat. Ravel verwendet das Orchester wie eine große Orgel, indem er die ständig repetierte Melodie immer neu "registriert". Eigenwillige Klangfarben kommen durch mixturenartige Kombinationen zu Stande, und die ausweglose Steigerung zum vollen Orchestertutti hin kann sich, wenn die Spannung kaum noch zu ertragen ist (Maazel erlaubt sich kurz vor dem Höhepunkt noch qualvolle Dehnungen des Tempos), nur in einer plötzlichen harmonischen Ausweichung lösen, auf die bald unter ohrenbetäubendem Getöse und Glissandi der Posaunen der Zusammenbruch in einem dissonanten Akkord erfolgt. Dieses Spektakel ist sozusagen der "Rausschmeißer" des Ravel-Programms, an dessen Beginn die Daphnis-et-Cloé-Suiten I und II sowie die Rapsodie espagnole stehen: Zauberhafte Partituren erblühen in ihrer betörenden Klangpracht unter den Händen eines der größten Dirigenten unserer Tage. Wer noch kein Ravel-Liebhaber ist, wird es durch diese CD höchstwahrscheinlich werden. --Michael Wersin